Photoshop
DER Klassiker und seit Jahren DAS Tool für digitale Bildbearbeitung und Illustration: Die Workflows sind bekannt, die Shortcuts kommen im Schlaf, die Spezifikationen sind klar. Höchstens setzt die eigene Hardware in Form von Tablet oder Grafikkarte den scheinbar unbegrenzten Möglichkeiten einen Deckel auf. Die folgerichtige Frage: Why change a running system?
Beispiel: Diese dezenten Illustrationen haben wir in Photoshop für das Pizza-Packaging unseres Kunden Galileo Foods umgesetzt.
Schauen wir uns die “Neuen” auf dem Markt mal an:
Procreate
Diese App geht besonders in den sozialen Medien in Verbindung mit den neueren iPads durch die Decke. Hobbyisten wie Profis lassen in kurzen Reels und Tutorials ihre Werke entstehen und Gestaltung kinderleicht aussehen. Die App bietet viele Funktionen und Exportmöglichkeiten sowie intuitive Bedienung. Obendrauf gibt es Gimmicks, die Social Media-Nutzern in die Hände spielen: eine eingebaute Timelapse-Funktion, einfache Animationsmöglichkeiten und sogar das Erstellen von Face-Filtern. Was spielerisch klingt, kann zum echten Reichweiten-Booster werden.
Ein schnell animiertes Gif aus Procreate exportiert
Die Zeichnung unseres Logos hat die Timelapse Funktion automatisch aufgezeichnet
Während diese Funktionen über andere Wege auch am Desktop zu erreichen sind, bietet Procreate zwei besonders hervorzuhebende Aspekte, bei denen Photoshop aktuell nicht mithalten kann:
Zum einen lässt sich via transportablem Tablet überall bequem arbeiten - und sind wir mal ehrlich, von Couch oder Zug aus die digitalen Skizzen fürs nächste Projekt zu zeichnen und immer griffbereit zu haben, verlockt alle Kreativen. Da die App ausschließlich für das iPad existiert, ist handheld also inbegriffen.
Zum anderen: Mit einem einmaligen Anschaffungspreis von 10,99 € lässt es Photoshop, das nur noch im Abo für mind. 11,59 € monatlich (im Foto-Abo ohne Fresco oder 23,19 € mit Fresco) zu haben ist, ganz schön blass aussehen. Die Anschaffungskosten eines iPad Pro mit benötigtem Apple Pencil hingegen schrecken wiederum den ein oder anderen Gestaltenden mit bestehendem Equipment ab: Man bekommt natürlich mehr als ein Grafiktablett – bezahlt aber entsprechend mehr.
Mittlerweile kann man das iPad auch via Bluetooth an den Mac koppeln, den Bildschirm spiegeln und auf diese Weise als Zeichentablet für Photoshop nutzen. Dies ging bis vor ein paar Updates nur über Abo-Apps wie Astropad, die monatlich mit bis zu 30 € ordentlich zu Buche schlugen. Generell updaten alle Hersteller ihre Produkte aber fleißig und stets gibt es spannende Neuerungen und Leistungsverbesserungen.
Die größten Mankos von Procreate: Die begrenzte Bildschirmgröße sowie die Einschränkungen bei Ebenenanzahl und Auflösung. Auch ist der Workflow ohne Tastenkürzel trotz intuitiver Bedienung mit Fingern und Pencil nicht ganz so effizient wie in Photoshop. Dazu fehlen die aus Photoshop bekannten Korrekturmöglichkeiten via Einstellungsebenen. Für Illustrierende extrem aufwändiger Werke ein Unding, was nicht selten eine Finalisierung in Photoshop erfordert.
Mit Photoshop kommt es am stationären Rechner dann zur Glaubensfrage, wie gut man das iPad und den Pencil generell als Zeichentablett findet, schließlich gibt es vom Marktführer Wacom günstigere (aber auch viel teurere) leistungsstarke Tablets, die seit Jahren den Profibereich beglücken.
Fresco
Dieses Tool hingegen ist kein Konkurrent von Photoshop, sondern eher ein kleines Geschwisterchen. Dessen wahrscheinliche Mission: Die „abtrünnigen“ Procreate-Nutzer wieder einfangen. Die tablet-only App kostet als Einzelanwendung monatlich 11,89 € - für gelegentliche Nutzung oder zum Ausprobieren ziemlich teuer. Allerdings ist Adobe Fresco, anders als Procreate, sowohl für iOS als auch für Windows erhältlich. Wer in seine Werke Vektoren einbezieht, z. B. für möglichst klare Linien und geometrische Formen, kommt hier eher auf seine Kosten. Neben den Pfad- und Formwerkzeugen gibt es dazu Vektorbrushes, die glatte und skalierbare Kanten erzeugen.
Die interaktiven Pinsel, mit denen man realistische Öl- und Aquarellzeichnungen anfertigen kann, lassen sich beliebig in verschiedenen Einstellungsmöglichkeiten verändern, sodass ein realistischer Eindruck von analogen Gestaltungstechniken entsteht. In unserem vergleichenden Praxistest fiel auf, dass Fresco weniger intuitiv zu bedienen ist und beim ausprobierten „Flatdesign“ so seine Schwächen zeigt, dafür aber tatsächlich authentisch analoge Gestaltungsstile imitieren kann.
Unser Quick-Vergleich zeigt:
Viele Wege führen zum Ziel, denn mit etwas Übung kann jedes Programm das gewünschte Ergebnis erzeugen
Alle Programme führen nach Rom. links: Photoshop, mittig: Procreate, rechts: Fresco
Jedes Programm hat seine besondere Stärke. Photoshop bleibt vor allem bei komplexen Renderings mit viel Blending und Brushwork der Spitzenreiter, Procreate ermöglicht schnelle Flat-Illustrations und Frescos Livebrushes sind ideal für eine analoge Optik.
Beispielhaft für die Programme: Brushwork in Photoshop links, Flat-Illustration in Procreate mittig, Acryl-Imitation in Fresco rechts
Unsere Zusammenfassung:
Procreate für:
- Wer einen Mac hat, und bereits mit Tablet liebäugelt
- Multitasking, Sketching on the go, alle Tablet-Funktionen dazu
- Studis, die dann keinen Laptop mehr mit sich herumtragen müssen
- weniger komplexe oder flat Illustrationen mit geringerem Bedarf an Ebenen und DPI
(Wichtig: Problematisch kann es bei Auftragsarbeiten, die viele Änderungen und hohe Auflösungen benötigen, werden.)
- Leichte Content-Kreation für soziale Medien
Photoshop für:
- Wer bereits mit der Cloud arbeitet, findet hier immer noch das leistungsstärkste Zugpferd, die Tabletauswahl ist dann Geschmacks- und Kostenfrage
- Wer bereits ein leistungsstarkes Tablet besitzt und keine zusätzlichen Kosten möchte
- Profis, die aufwendige Illustrationen und Paintings erstellen und diese dann für verschiedenste Anwendungen in der CC weiter aufbereiten
- Desktoparbeit am großen Bildschirm, Shortcut-Nutzer
- z. B. Renderings, HQ Concept Art, HD-Prints und Grafiken
Fresko für:
- Creative Cloud Nutzende, die Procreate nicht nutzen/kaufen möchten
- Imitation analoger Techniken mit dem Vorteil des digitalen Arbeitens
- Integration von Vektoren in Arbeiten
- Nutzer von Windows-Tablets (z. B. Surface)
Unser Gesamtfazit:
Der Vergleich zeigt, dass es klar auf Arbeitstyp, Anwendung, bestehende Ausstattung und Budget ankommt. Aber generell gilt: Jede Hard- und Software ist nur so gut wie ihr Nutzer und Amateure werden durch teureres Equipment über Nacht nicht zum Profi. Jeder Profi wird aber mit allen Anwendungen seine Freude haben und deren Vorzüge nutzen können.