Einkäufer sind Company Killer statt Kosten Killer


Allein als Dienstleistungsanbieter kritisch über den Einkauf zu schreiben grenzt schon fast an §90 StBG (Beleidigung von Staatsoberhäuptern). Dazu kommt der fade Geschmack gekränkter Eitelkeit eines vermeintlichen „Verhandlungs-Verlierers“. Und sei das nicht genug, verlässt man oftmals die Infight-Arena der Einkäufer mit diesem überheblich prahlerischen Lächeln im Nacken. Denn die Anzahl an verärgerten, betrogenen und vor allem erniedrigten Unternehmer scheint der KPI vieler Einkäufer zu sein, die den Sinn ihrer Aufgabe im Unternehmen gründlich missverstanden haben.

 

Das Problem mit dem Purpose

Wenn im Unternehmensfoyer weithin sichtbar die Company Culture Rules aufgehängt sind – wenn in allen Meetingräumen Tischaufsteller mit der Kommunikations-Etikette zu finden sind – und wenn der Einkauf vor jedem Kontakt schon mal vorsorglich die Company Compliance und Governance Richtlinien mitschickt, dann steht eins schon mal fest: Hier werden sie auch dringend gebraucht. Denn sie sind nicht nur Abbild eines Top-Down Wunschdenkens einer naiv träumerischen Unternehmensleitung, sondern auch der moderne Ablassbrief für ethisch-moralisch degenerierte Einkäufer. Unter dem obersten Ziel des unentwegten Sparens und Kosten-Vermeidens lässt sich eben viel erklären. Ist ja auch einfach gehalten und damit recht stringent umsetzbar. Ohne weiteres Nachdenken gilt es, jede auch noch so innovationsgetriebene Idee aus externen Quellen, so günstig wie eben nur möglich einzukaufen. Ein Blick auf die Value Chain des Gegenübers, wie auch auf den nachhaltigen Nutzen für das Unternehmen, ist bei den meisten Einkäufern nicht vorgesehen. Weil es entweder intellektuell überfordert oder weil es schlichtweg nicht zum selbst erteilten Purpose im Einkauf gehört. Das Mantra des Cost Killings übertönt oftmals die vielen Leichen im Keller, die zum Glück ein perma-überfordertes Management nicht bemerkt.
 

Wenn Cost Killing zum Company Killing wird.

Ernsthaft unternehmensgefährdend wird eine skilled talent shortage in der Einkaufsabteilung in dem Moment, da der Einkauf unkontrolliert losgelassen wird. Meist unbemerkt vom Top-Management übernimmt der Einkauf das Ruder, was im Zweifel noch nicht einmal der Einkäufer selbst so sieht und bemerkt. Doch die dauerlächelnde Überheblichkeit im Umgang mit Stakeholdern zieht nun mal einen Rattenschwanz an umkippenden Dominosteinen hinter sich her. Konkret? Gern! Die geknebelte Kreativagentur mit 90 Tagen Zahlungsziel bei Durchschnitts-Stundenlöhnen von 80 Euro, wird irgendwann anfangen das Praktikanten-Heer auf den Kunden loszulassen. Zusammen mit einer maximal unmotivierten Agentur Supervision. Die Fachabteilung im Unternehmen merkt das aber erst, wenn die Markenstrahlkraft deutlich zeitverzögert zu verheerenden Brand Equity Verlusten führt. Verbrannte Erde nennt man das dann – dauert aber und fällt erst recht spät auf.

Ein einziges Beispiel sei nicht repräsentativ, sagen Sie? Mitnichten. Denn auch der Marketing Automation Anbieter hat eine Kostenkalkulation, welche eine innovationsgetriebene, ständige Weiterentwicklung seines Tools durch exzellent ausgebildete Nerds inkludiert. Wer da den Fortschritt nicht mit einplant, plant seinen Rückschritt. Oder anders ausgedrückt: Wer den System Anbieter auspresst wie eine Zitrone, wird auf lange Sicht weder besten Service, noch Innovation, noch ein faires Kostenmodell für dringend benötigte Upgrades & Co. bekommen. Überheblichkeit kommt vor dem Fall – das wird nirgends so deutlich wie bei MarTech Portalanbietern, die gut integriert im Workflow des Unternehmens nur darauf warten, das dringend benötigte Upgrade liefern „zu dürfen“. Meist bekommen dann aber die Fachabteilungen den längst vergifteten Klebstoff ihrer Partnerschaft zu spüren. Der Einkauf ist ja zu dem Zeitpunkt schon raus …
 

Getroffene Hunde bellen? 

Wenn es doch wirklich so einfach wäre, immer eine passende Binsenweisheit zu finden, um das vermeintlich funktionierende Ernten von vermeintlichen Quick Wins nicht weiter kritisch zu hinterfragen. Das ist aber der letzte Meter, auf dem sich die Spreu vom Weizen im internationalen Wettbewerb der explodierenden Transformation trennt. Denn ein weitsichtiger Einkäufer wird sich transformieren müssen zum Chief Happiness Officer des innovations- und wachstumsgetriebenen Unternehmens, statt weiterhin die C-Suite mit eingesparten Kosten zu unterhalten. So steuert und regiert man zwar aus einer Einkaufs-Fachabteilung heraus ein ganzes Unternehmen. Das ist aber letztendlich noch nie wirklich nachweislich gut gegangen, wie einige spektakuläre Unternehmenspleiten in den letzten Jahren gezeigt haben. Fazit: Aussagen und Verhandlungs-Stilblüten wie „ein Zahlungsziel unter 30 Tagen kann ich systemseitig gar nicht abbilden“ führen geradewegs in den Unternehmensuntergang und gehören in die Prä-Covid19 Ära. 


An dieser Stelle folgte im Manuskript der namentliche Gruß an alle Einkäufer, die in den letzten Jahren maßgeblich dazu beigetragen haben, dass das Unternehmen, für das sie Einkaufen, durch ihren falsch verstandenen Purpose entweder in einem hohen Bogen an Innovation vorbeigesegelt sind, oder aber tatsächlich in essenzielle wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind, bis hin zur geschlossenen Tür. Vielen von Ihnen haben wir auf unserem bisherigen Weg kräftig in die Suppe gespuckt. Und: nein, wir wollen auch heute keine LinkedIn-Kontakte sein. Die Namen hat der Lektor in brennender Sorge um die Fortführung des Unternehmens geschwärzt. You know who you are.

Und last but never least: Dank an Arnd Petmecky, der nicht nur uns eindrucksvoll gezeigt hat, dass ein intelligenter und weitsichtiger Einkauf ein maßgebliches Schwungrad für die Innovationsstärke von Unternehmen ist.

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KATRIN WINTERBORN hat sich ganz dem Marketing Engineering bei der markenmut AG verschrieben. Von Berlin aus koodiniert Sie nicht nur die vier markenmutigen Tech-Scouts, die kontinuierluch den globalen Markt der MarTech Anbieter für unsere  markenautomat Vendor Database screenen. Sie ist auch ein leidenschaftlicher Frontkämpfer, wenn es um technologischen Fortschritt jenseits der angestammt Marketing Komfortzone geht.       

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