Im Dezember wird es besinnlich. Da werden alte Freunde angerufen, Weihnachtskarten geschrieben und unzählige automatisierte Emails an vermeintliche Netzwerkkontakte versendet. Eine weihnachtliche Dekontaminierungsstrategie, die sozial-emotionale Intelligenz zeigen soll. Ob das allerdings wirklich bei der Netzwerkpflege hilft, sei dahingestellt. Ich habe da so mein ganz eigenes Konzept, wenn es um Fokus bei Friends & Co geht.
Niemand ist zu beschäftigt, um sich zu melden. Es hängt nur davon ab, welche Rolle Du in seinem Leben spielst.
Und um das genau herauszufinden, habe ich zusammen mit einem meiner besten Freunde ein Spiel entwickelt, welches recht schnell zeigt bei wem man welche Rolle spielt. Einfach den Spieleinsatz auf den Tisch legen (bei uns waren es immer 50 Euro pro Mitspieler) und dann gilt es abwechselnd jemanden aus dem eigenen Telefon-Adressbuch anzurufen und mindestens 7 mal durchklingeln zu lassen. Verlierer ist derjenige, bei dem als erster einer der Angerufenen dran geht ;-)
Richtig: Es geht also darum vorherzusagen, welcher der vermeintlichen „Kontakte“ sicher nicht ans Telefon geht, wenn man mit Telefon-Kennung anruft. Und wer jetzt sagt, dass man solche Kontakte dann aufgrund der mangelnden Wertschätzung sowieso nicht in seiner Adressliste abgespeichert haben sollte, der springt zu kurz. Denn es gibt tatsächlich sogar gute Gründe, warum auch solche vermeintlichen „Kontakte“ ein Existenzrecht im persönlichen Netzwerk haben.
Menschen, die kein Interesse an einem Austausch haben verlieren Stück für Stück an Bedeutung.
Das ist eine grundsätzliche Konsequenz bei der Netzwerkpflege. Aber tatsächlich gibt es Unterschiede in der Perspektive des Gegenübers und dem eigenen Umgang mit einer so beschiedenen Ignoranz.
Da wären also zunächst mal diejenigen Freunde, die einfach so sind, wie sie sind. Sie melden sich nicht zurück oder gehen nicht dran – egal wer anruft. Sie priorisieren halt nach dem Chaosprinzip und meinen es noch nicht einmal böse. Bei diesen Exemplaren bleibt einem meist nur die Wahl, sie zu nehmen, wie sie sind. Oder eben aus der Kontaktliste zu streichen. Hier ist eine Kippschaltermechanik gefragt. Friss oder stirb gilt für solche Arten von Freundschaften.
Zugegeben gibt es bei mir ein paar ganz wenige Kippschalter-Ausnahmen, die ich kurz vor der „Eliminierung“ aus meinem Freundeskreis darauf hinweise, dass ich nicht weiter bereit bin ein solch priorisierende Ignoranz zu akzeptieren - mir aber trotzdem die Freundschaft so viel wert ist, dass ich darauf hinweise, um vielleicht doch noch die Kurve zu kriegen.
Die Always-On Manager mit dem „Busy Orden“ am Revers der Geschäftigkeit
Damit wären wir also bei denjenigen angekommen, die eigentlich keinen wirklich guten Grund abgeben, in der eigenen Kontaktliste zu bleiben. Bei solchen vermeintlichen Top-Kontakten wird Ignoranz eigentlich nur zur Ehrenmedaille am Revers des Always-On Managers. Bloß nicht antworten. Das würde zugeben, dass man Zeit findet im stressigen Alltag. Priorisieren und Fokussieren lautet das Mantra dieser selbsternannten Entscheider-Gilde, während die Beraterzunft mit der Eisenhower-Matrix zusätzliches Öl ins Feuer dieser Eitelkeiten kippt.
Bei Kontakten, bei denen der Anstand des „Meldens“ schon lange auf der Strecke geblieben ist, sollte man nicht lange zögern und auf den „Löschen“ Knopf drücken. Auch die letzte Hoffnung auf eine Ausrede a la „es war so viel zu tun“ wird bei diesen Fake-Freuden nur eher schlecht als recht eine grundsätzliche Haltung überschatten. Einziger (guter) Grund solche Exemplare in der Adressliste zu halten ist das oben erwähnte Anruf-Spiel. Da ist es gut, mal fünf solcher 100% Ignoranten als sichere Bank in den Outlook Kontakten zu haben. So kann man mit solchen nutzlosen Kontakten zumindest noch den ein oder anderen Euro gewinnen ;-)
Vice versa gilt das natürlich auch!
Und jetzt zum schwierigen Part: Der eigenen Reflexion. Zum Glück triebt mich meine Kombination aus Narzissmus und Neugier im Normalfall dazu, dass man mit einer Meldung oder Rückmeldung von mir rechnen kann. Es sei denn es melden sich bei mir Menschen, bei denen ich nicht recht weiss, wie ich mit ihnen umgehen soll. Das ist zugegeben dann nicht so souverän.
Fazit
Weihnachtszeit ist Fokus-Zeit. Ich empfehle die eigenen Netzwerke ab und an zu hinterfragen. Und wer spielen möchte: Katrin und ich sind jederzeit für ein Anruf-Spiel zu haben, wobei Katrin mit Ihren vielzähligen C-Level Kontakten meist gewinnt.
Ansonsten freuen wir uns natürlich über jeden initiativen Kontakt. Nur Mut!