Wie Escoffier Appetit auf Automation und Marketing im Food & Beverage schuf


Auguste Escoffier, 1846 an der Côte d'Azur geboren, prägte die französische Haute Cuisine wie kein anderer. Sein Unternehmertum ist legendär, und seine Errungenschaften für die Grand Cuisine gehen weit über die Erfindung des weltweit bekannten Pfirsich-Melba-Eisdesserts hinaus: Als Gestalter großer Küchenorganisationen ist er quasi ein Pionier der Automation und ebnete darüber hinaus dem modernen Marketing in F&B sowie der Hotellerie mit seiner weit über den Kochtopf hinausgehenden Kreativität den Weg.
 

A wie Automation

Im Jahre 1890 übernahm Escoffier zusammen mit César Ritz die Leitung des legendären Savoy Hotels in London. Zu damaliger Zeit war es eine schier unlösbare Herausforderung, die großen Säle des Hotels mit gehobener Küche zu bewirtschaften. Escoffier, als Küchenchef, begann alsbald, die traditionelle Küche prozessual zu betrachten und strukturierte sie sowohl räumlich als auch in Bezug auf die Arbeitsorganisation rigoros um. Das Ergebnis war das „Posten-System“, das bis heute die Gastronomie und insbesondere die Küchenbrigaden der Haute Cuisine prägt. Ohne Escoffier gäbe es also heute weder eine Systemgastronomie noch eine bezahlbare Restauration auf hohem kulinarischem Niveau
 

S wie Skalierung

Acht Jahre später eröffneten Escoffier und Ritz das nicht minder legendäre Ritz Paris an der Place Vendôme, und schon 1898 kehrte Escoffier nach London zurück, um weitere Küchen im Ritz Carlton und Ritz London zu organisieren und zu leiten. Bis 1920 prägte Escoffier seine Küchen zwischen Paris und London und gehörte damit zu den ersten Business-Frequent-Travelern seiner Zeit – Zwischenspiele inbegriffen. So folgte er 1911 dem Ruf aus Amerika und eröffnete das erste Ritz Carlton in New York. Im Husarenritt eroberte er dabei die Herzen der amerikanischen Feinschmecker und etablierte die französische Küche als Maßstab auf dem jungen, neuen Kontinent.
 

M wie Marketing

Escoffier machte mit seiner Küche nicht nur Appetit auf französische Kulinarik. Gemeinsam mit Ritz entwickelte er die von ihm gemanagten Hotels und Restaurants zu gesellschaftlichen Mittelpunkten in den jeweiligen Metropolen – zu „places to be“ oder dem „talk of the town“, wie man heute sagen würde, ganz in der Tradition von Conrad Hiltons Forderung an seine Hoteldirektoren. Doch Escoffier dachte noch größer: In New York angekommen, eröffnete er 1912 die „Ligue des Gourmands“ und schuf damit quasi den ersten Kunden-Abo-Club im F&B. Einmal monatlich gab es gegen eine Mitgliedsgebühr ein weltweit einheitliches Menü, das zeitgleich in Hotelrestaurants französischer Chefköche serviert wurde. Diese „Dîners des Épicuriens“ waren das „Must-have“ der internationalen Schickeria – von New York über Delhi, Montreal, Yokohama und Brüssel bis nach Paris und London.

Damit nicht genug: Escoffier ermöglichte seinen Gästen, sich während des monatlichen „Dîners des Épicuriens“ über das Essen und das Event via Telegraph in Echtzeit auszutauschen. Mit etwas Fantasie könnte man sagen, dass Escoffier die Grundmechanismen von Social Media über das Internet schon vor dem Ersten Weltkrieg geschickt genutzt hat.
 

I wie Influence

Wäre es nicht schon genug der visionären Marketingmaßnahmen, blieb Auguste Escoffier auch nach seinem Rückzug aus dem operativen Geschäft im Unruhestand aktiv. Neben seinen Memoiren überarbeitete er sein Standardwerk „Guide Culinaire“ auch im hohen Alter mehrfach. Zudem diente Escoffier auf vielen Ausstellungen und kulinarischen Wettbewerben der „Nobilitierung“ von Produkten – insbesondere für einen Brühwürfel eines Erfinders namens Julius Maggi. Analoges Influencing anno 1920. Escoffier war immer für eine Überraschung gut.
 

Z wie Zukunft

Zukunft braucht bekanntlich Herkunft. In der F&B-Industrie und insbesondere in deren Marketing hat Escoffier umfassend dafür gesorgt. Nicht nur seine kulinarische Kreativität, sondern auch sein unternehmerischer Drang zur Tat sind eine Steilpassvorlage par excellence für innovative Marketingmanager und erfolgreiche Unternehmer. Denn wettbewerbsfähig zu bleiben, bedeutet, schon heute an morgen zu denken – vom Automatisieren sämtlicher möglicher Prozesse bis hin zu authentischem Event-Tasting und Food-Influencing. Escoffier würde heutzutage sicher Collaboration-Tools lieben, ein übergreifendes PIM-System pflegen, ein Marketing-Management-Portal für filialisierte Unternehmen einsetzen und mittels Customer Experience Analytics die Performance seiner Küchenbrigaden weiter steigern.

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über den autor

TOBIAS VOIGT ist Vorstand und Gesellschafter der markenmut AG. Er zeichnet verantwortlich für das kreative Produkt der Agentur sowie die Marketing Engineering Expertise, welche Tobias Voigt an den Standorten Düsseldorf und Frankfurt auf- und ausbaut. Mit über 25 Jahren Agenturerfahrung reflektiert Tobias nicht nur stetig den Status Quo modernen Marketings, sondern geht auch mit der selbst zugeschriebenen Innovationsfähigkeit der Kreativ- und Beratungs-Branche hart ins Gericht. Im Tagesgeschäft hilft er ausgesuchten Unternehmenslenkern streng nach dem Motto „Mut sticht Mammon“, die Fesseln traditionellen Marketingdenkens abzuschütteln, um neue Wertschöpfungspotenziale und- quellen zu erschließen.

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